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Social Design & Social Impact

Aktualisiert: 18. Jan. 2020

Ein Workshop zur Wirkungsorientierung und -analyse im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg



Geht man vom Hamburger Hauptbahnhof den kurzen Weg zum benachbarten Museum für Kunst und Gewerbe, einem ehrwürdigen Bau aus dem Jahre 1874, so überquert man einen Platz, der eher einer urbanen Wüste gleicht. Nochmals 250 Meter weiter in die andere Richtung vom Museum erstreckt sich dieser Unplatz weiter, über eine Grünfläche, an deren Ende sich das Drob Inn befindet, eine der wichtigsten Anlaufstellen der Hamburger Drogenszene. Hunderte Menschen versammeln sich täglich vor dem Drob Inn, viele von ihnen kommen vom Bahnhof, vorbei am Museum. Im Drob Inn können sie kontrolliert ihre Drogen einnehmen und werden von Sozialarbeitern betreut.


Bisher hatten das Museum und die Drogenberatungsstelle nichts miteinander zu tun. Das ist anders, seitdem Tulga Beyerle Direktorin des Museums ist. Angetreten im Dezember 2018 ist es ihre Mission, das Haus zu öffnen, für einen Dialog auf Augenhöhe mit seinen Besucher_innen, aber auch mit neuen Stakeholdern und grundsätzlich allen, für die bisher das Museum kein relevanter Player war. Die aktuelle Ausstellung “social design“ setzt dabei erste sichtbare Zeichen. Sie vereint Designer_innen und Kreativschaffende, die Gestaltung als soziale Verantwortung sehen, um Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern - von menschenwürdigen Unterkünften für Geflüchtete über mobile Schlafwagen für Obdachlose bis zum nachbarschaftlichen Gärtnern im urbanen Raum.



Projektdokumentation im Museum: Im Rahmen des Projekts „ARGE unmittelbare Nachbarschaft“ werden Anrainer mit Behörden, Architekten und Designern vernetzt. Gemeinsam überlegen sie, wie der öffentliche Raum so gestaltet werden kann, dass es für alle eine Verbesserung darstellt. © Doris Rothauer

Um darüber hinaus auch selber als zivilgesellschaftlicher Akteur aufzutreten, außerhalb des Museumsgebäudes, hat man einen Prozess initiiert, der die Nachbar_innen im Umfeld erstmals zusammenbringt. Ziel der „ARGE unmittelbare Nachbarschaft“ ist es, gemeinsam über Verbesserungen des öffentlichen Raumes rund um das Museum nachzudenken. Das betrifft vor allem den Vorplatz des Drob Inn, jener eingangs erwähnten Drogenberatungsstelle, wo sich im Laufe eines Tages bis zu 400 Klient_innen aufhalten. Unter der Leitung von ConstructLab, einem kollaborativen Designstudio und Netzwerk, finden Workshops und Veranstaltungen mit Akteuren, Anwohnern, Behörden und anderen Stakeholdern statt. Ein Experiment für alle Beteiligten, das als work in progress angelegt ist und als solches auch laufend in der Ausstellung in einem eigenen Bereich mitdokumentiert wird.


Wir haben diese Initiative genutzt, um mit dem Kernteam des Projektes einen Impact-workshop abzuhalten, mit dem Ziel ein gemeinsames Verständnis für die Begriffe „Wirkung“ und „Wirkungsorientierung“ herzustellen,eine Methode zur Wirkungsorientierung an Hand des konkreten Projektes „ARGE unmittelbare Nachbarschaft“ anzuwenden und dem Team mitzugeben.

Wir haben mit dem Projekt-Team des Museums, dem Team von ConstructLab sowie der Alfred Toepfer Stiftung einen Impact Workshop für das Projekt "ARGE unmittelbare Nachbarschaft" gemacht, und gemeinsam eine Wirkungsstrategie erarbeitet. Foto: Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg

Was Wirkung alles sein kann, dazu haben wir zunächst gebrainstormed: Inspiration, Interaktion, Beteiligung, gesellschaftliche Teilhabe, Wissensgewinn, Nachhaltigkeit, Erhöhung der Lebensqualität sind nur einige der Auslegungen. Was wir, Tina Trofer und ich, unter Wirkung und Wirkungsorientierung verstehen, fand allgemeinen Zuspruch: jede Form der (positiven) Veränderung in einer Zielgruppe, einer community oder auf gesellschaftlicher Ebene, ausgelöst durch Aktivitäten, deren Planungsziel die gewünschte Veränderung ist.


Zur Illustration und zum besseren Verständnis der unterschiedlichen Wirkungsebenen haben wir eine Darstellung aus dem sozialunternehmerischen Bereich adaptiert: die sogenannte Wirkungstreppe. Wirkungsorientierung zielt immer auf Outcome als Ziel ab, während Leistungsorientierung auf der Output-Ebene bleibt.



Die Wirkungstreppe macht den Unterschied zwischen Output und Outcome verständlich. Wirkt sich die Veränderung von der individuellen Ebene auf die gesellschaftliche Ebene aus, spricht man von Impact. Illustration © Doris Rothauer

Aber kann man Wirkung gezielt planen? Ja, sagen wir. Als Beispiel kann der sozialunternehmerische Bereich dienen, wo klare Business-Modelle strategisch darauf abzielen, mit unternehmerischen Mitteln eine nachhaltige Verbesserung von Lebens- und Arbeitssituationen zu erreichen – einen social Impact. Die Wirkung dessen, was man tut, steht an erster Stelle, nicht der Profit. Mehr dazu könnt ihr in unserem Beitrag „Everyone a Change Maker“ nachlesen.


Ein Tool, das ein strategisches Vorgehen unterstützt, und das wir im Workshop in Hamburg vorgestellt und durchgespielt haben, ist die „Theory of Change“ – manchmal auch als Story of Change oder Impact Modelling bezeichnet:


  • Es ist ein strukturiertes Instrument zur schrittweisen Erarbeitung einer Wirkungsstrategie.

  • Es ist eine Art Landkarte/Road Map, die erläutert, welche Wirkung ein Projekt auf eine Zielgruppe hat bzw. haben soll.

  • Es Ist eine Darstellung/ein Narrativ, das Organisationen beim Storytelling zur Wirkung unterstützt.

  • Es ist die Basis für Wirkungsmessung.


Die Theory of Change beschreibt den Zusammenhang zwischen Aktivitäten und gewünschter Wirkung in Form einer systematischen Wirkungskette. Sie ist ein strategisches Tool, um impactorientiert zu planen und zu handeln, und sie ist ein lebendes Narrativ, das beim storytelling und reporting unterstützt. Illustration © Doris Rothauer

Zur schrittweisen Erarbeitung der Theory of Change hatten wir für Hamburg einen detaillierten Fragenkatalog vorbereitet, der folgendem Schema folgte:

  1. Definition und Analyse des adressierten Problems bzw. der Herausforderung

  2. Vision & ultimative Ziele

  3. Zielgruppe(n)

  4. Intendierte Wirkung (Outcome & Impact)

  5. Geeignete Aktivitäten (Output)


Eine erste Annäherung an eine Theory of Change für das Projekt "ARGE unmittelbare Nachbarschaft" als work in progress, die noch weitergeführt wird. Foto: Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg


Auch der Workshop hatte seine Wirkung. Er hat allen Beteiligten viel zum Nachdenken gegeben, ein Nachdenken, das ein Umdenken zur Folge haben kann und wird.


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