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  • doris rothauer

Back to Unusual

Außergewöhnliche Zeiten brauchen außergewöhnliche Lösungen.

Ein Idealfall, wenn man sowieso etwas ändern will.

Ein Idealfall für Kunst & Kultur.


Dan Perjovschi, in der Ausstellung "... von Brot, Wein, Autos, Sicherheitz und Frieden", Kunsthalle Wien, Sommer 2020

Die COVID-19-Pandemie hat viele Veränderungen mit sich gebracht, deren volles Ausmaß wir noch nicht erahnen können. Manche dieser Veränderungen sind eine Chance, die Zukunft nun so sinnstiftend und nachhaltig zu gestalten, wie wir sie uns wirklich wünschen. Wünsche und Visionen, die nicht zuletzt durch die Erfahrungen des Lockdowns, durch das Zurückgeworfen sein auf uns selbst und unser Inneres, entstanden oder wieder ins Bewusstsein gedrungen sind. Jetzt ist zwar back to Business angesagt, aber back to UNUSUAL Business, um Veränderung nicht als Schreckensszenario hinnehmen zu müssen, sondern sie im positiven Sinne einer nachhaltigen Weiterentwicklung aktiv voranzutreiben. Wo liegt das Veränderungspotenzial, wo braucht es UNUSUAL, um zukunftsfähig zu bleiben? Und wo können wir Anleihen nehmen, uns Orientierung holen, in Austausch treten, den Horizont erweitern und unsere ureigene Kreativität aktivieren, die eine der wichtigsten Kompetenzen im Umgang mit Veränderung ist?


Das Motto unseres Dialogprozesses, den wir in Kooperation mit FuturAbility gestartet haben. Logo: Goran Golik


Warum nicht in der Kunst? Kunst & Kultur sind wesentliche Säulen gesellschaftlicher Entwicklung, sie liefern Sinnstiftung, Werte und Haltungen, Orientierung, Interpretation, Wissen. Die Auseinandersetzung mit Kunst & Kultur erhöht das persönliche Wohlbefinden, das Selbstwertgefühl, erzeugt Emotionen, trägt zur Bildung bei, öffnet den Horizont. Kunst kann vor den Kopf stoßen, auf Missstände hindeuten, Tabus aufbrechen. Was auf der persönlichen Ebene gilt, gilt auch für Communities, und in der Folge für die Gesellschaft generell.

„Ein Museumsbesuch ist eine Form der gesellschaftlichen Teilhabe, ein gemeinsames Erleben, das man mit anderen Menschen teilen kann. Museen sind Marktplätze, um gemeinsame Erfahrungen, Reflexion und Austausch zu ermöglichen und zu fördern.“ (Bettina Leidl, Direktorin Kunst Haus Wien)

Eine von vielen Aussagen, die uns im Zuge unseres neuen Projektes "Kunst muss alles ändern" in Interviews mit Führungskräften im Kunstbereich begegnet sind. BACK TO UNUSUAL lautet das Motto, das wir für unseren Multi-Stakeholder-Dialogprozess zur Zukunft von Kunst & Kultur gewählt haben. Denn auch wenn sich die Bedeutung und Wichtigkeit von Kunst & Kultur durch die COVID-19-Krise bestätigt hat, steht der Kunstbereich vor massiven Herausforderungen, die die Krise mit sich gebracht hat und die mit Business as usual nicht zu bewältigen sein werden. Denn die Rahmenbedingungen werden sich ändern.


Dan Perjovschi, in der Ausstellung "... von Brot, Wein, Autos, Sicherheitz und Frieden", Kunsthalle Wien, Sommer 2020

Zum Beispiel wird es in Zukunft eine veränderte Besucherstruktur geben, hin zu lokalen Communities, zur Zivilgesellschaft, denn der Kulturtourismus bricht noch eine Zeit lang weg. Dafür wiederum wird es neue Angebote brauchen, die auf Inklusion, Partizipation, Gemeinwohl, Nachhaltigkeit aufbauen und abzielen. Es wird eine Öffnung der Institutionen brauchen, hinaus in den Stadtraum, in den öffentlichen Raum, auch weiterhin in den digitalen Raum. Es wird neue Erfolgskriterien brauchen, abseits reiner Besucherzahlen. Es wird gemeinsame Visionen, entsprechende inhaltliche Strategien und ein neues Wirkungsmanagement brauchen. Es wird mehr Kooperationen und Vernetzung brauchen, auch mit kunstfernen Bereichen und Institutionen. Annahmen, die wir unserem Dialogprojekt zugrunde gelegt haben, und die sich in den zahlreichen Interviews bisher bestätigt haben.

Um den Umgang mit solchen tiefgreifenden Veränderungen, und damit Zukunftsfähigkeit zu ermöglichen, braucht es ein klares Bild und Verständnis der Veränderungslogik - oder auch Wirkungskette genannt.


Beispiel zur Darstellung einer Wirkungskette. Illustration: Doris Rothauer

Wenn „Wirkung“ als eine positive Veränderung beschrieben wird, die man durch bestimmte Handlungen erreicht, dann besteht die Logik darin, von klar definierten Wirkungszielen auszugehen, die wiederum auf einem klar definierten Problem basieren. Was ist das Problem, die Herausforderung, der wir uns stellen wollen, was sind die Ursachen dieses Problems, was sind die Folgen? Je tiefer man in diese Analyse geht, umso wirkungsvoller können Lösungen und Angebote sein, wenn sie an den Ursachen, an der Wurzel des Problems ansetzen. Die Wirkung beschreibt dann den Unterschied zwischen Ausgangssituation (Problem) und Zielerreichung, der sich durch meine Handlungen eingestellt hat. An diesem Unterschied lässt sich auch der Erfolg bemessen – sei es quantitativ, sei es qualitativ, je nach Art der definierten Wirkungsziele.

Ein Beispiel: Menschen mit Behinderungen wird der Zugang zu Kunst & Kultur erschwert. Die Ursachen dieses Problems liegen in physischen und intellektuellen Barrieren, in der Art und Weise der Präsentation von Kunst, weil man sie nicht mit allen Sinnen (zB Tasten) wahrnehmen kann bzw. darf, in der geringen Erfahrung und Kompetenz mit Behinderungen seitens der MitarbeiterInnen, und noch vieles mehr. Die Folgen: Menschen mit Behinderungen gehen nicht ins Museum, man verliert eine wichtige Zielgruppe. Ziel ist es, allen Menschen den Zugang zur Kunst zu ermöglichen. Setzt man an den Ursachen an, so können ganzheitliche Lösungsansätze, wie etwa die Durchmischung des Vermittlungsteams mit Menschen mit und ohne Behinderungen, oder Vermittlungsangebote für alle Sinne zielführend sein. Ob die Maßnahmen zur gewünschten Wirkung geführt haben, nämlich mehr Menschen mit Behinderungen ans Haus zu binden, und selber ein inklusives Team zu sein, lässt sich nun evaluieren, und im Falle dieses Beispiels sogar quantitativ bemessen.

Nicht neu? Nein, auf den ersten Blick nicht. Auf den zweiten Blick schon. Denn der Fokus verschiebt sich von der Leistung hin zur Wirkung. Wir leben in einer stark leistungsorientierten Gesellschaft, wo es zumeist darum geht, möglichst viele Leistungen zu produzieren, auf die wir dann stolz sind und an denen unser Erfolg gemessen wird. Wir produzieren möglichst viele Ausstellungen und Kataloge, veranstalten möglichst viele Konzerte, bieten möglichst viele Vermittlungsformate und Diskursveranstaltungen an. Wir schauen relativ wenig darauf, was wir mit diesen Leistungen beim Besucher, beim Publikum bewirken. Was nimmt der Besucher mit, was passiert mit ihm in einer Ausstellung, wie geht er aus dem Haus hinaus, wie beeinflusst das sein Denken und Handeln?

BACK TO UNUSUAL. Zurück zu unserem Projekt "Kunst muss alles ändern". Auch wir haben ein Wirkungsmodell erarbeitet, das die Basis für die Konzeption des Projektes war. Es ist ein Wirkungsmodell mit einer sehr provokanten Problemdefinition, die noch auf die Zeit vor der Pandemie zurückgeht:

"Kulturinstitutionen entfalten zu wenig Wirkung und tragen nicht ausreichend zu einer nachhaltigen Entwicklung bei." (Herausforderung Kunst Muss)

„Damals“, also noch vor wenigen Monaten, hat sich die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz von Kunstinstitutionen noch ohne jenem Veränderungsdruck gestellt, mit dem wir heute konfrontiert sind. Die Wahrnehmung, in einer „Blase“ zu agieren, hat allerdings schon lange den Diskurs geprägt, unter Fachleuten, in den Medien, in Gesprächen mit Kollegen, Freunden, Kunstinteressierten. So auch in unserem Team. Die Umkehrung des Problems, unsere Vision, lautet:

"Kulturinstitutionen nutzen ihre transformative Kraft und ihr Wirkungs-potenzial, und tragen maßgeblich zu einer positiven und nachhaltigen gesellschaft-lichen Entwicklung bei. Sie werden als inklusive und nachhaltige Kultur-einrichtungen für die Zivilgesellschaft wahrgenommen." (Vision Kunst Muss)

Wir wollten daher wissen, was es braucht, um diesen Transformationsprozess erfolgreich zu gestalten. Was sind die Ursachen und Folgen dieses Problems? Welche pains und gains beschreiben die Situation der Betroffenen? Welche Wirkungsziele lassen sich daraus ableiten? Und was kann unser Beitrag dazu sein, welche Lösungen und Leistungen können wir anbieten?

Die zentrale Frage ist, wie kann man ein Museum zu einem Ort machen, an dem Menschen, die hier leben und zu uns kommen, das Haus als ihren Ort wahrnehmen? Wo sie Zeit verbringen können, die sie als lohnend empfinden, die ihnen hilft, sich selbst mit all ihren Bedürfnissen, aber auch Stärken besser wahrzunehmen. Ein Ort, wo sie mit anderen über die Entwicklung der Gesellschaft nachdenken, um dann tätig zu werden.“ (Stella Rollig, Generaldirektorin Belvedere)

Aussagen wie solche, in diesem Falle aus unserem ersten Interview, bestätigen unseren Ansatz. Es geht um das WIE. Das Problembewusstsein ist vorhanden und steigt, der Druck ebenso. Bisherige Lösungsansätze sind nicht ausreichend, radikale Veränderungen finden sich nur in Nischen und sind zu wenig sichtbar und wirksam. Es fehlen ganzheitlichen Lösungen und das Arbeiten an einer Systemveränderung.

Dazu braucht es ein gemeinsames Vorgehen, ein gegenseitiges Stärken und Unterstützen, davon sind wir überzeugt, dazu wollen wir beitragen. Unser Zugang beruht auf Partizipation und Co-Creation, und dem gemeinsamen Entwickeln von Zukunftsbildern und Handlungsleitfäden, unterstützt durch Expertise und Methoden im Bereich Wirkungsmanagement und Stakeholder-Einbindung.

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